Altersvorsorge / Rentenvorsorge
Um nicht in die Altersarmut abzurutschen reicht die gesetzliche Rente längst nicht mehr. Jeder sollte sich rechtzeitig drum kümmern, die gesetzliche Rentenversicherung aufzustocken – und den Zuschuss des BR zur betrieblichen Rentenversicherung nicht zu verschenken.
Hellmuth Nordwig, der die Freien des BR in der Pensionskasse Rundfunk vertritt, beantwortet wichtige Fragen rund ums Thema Altersvorsorge.
Die meisten Freien im BR werden über Lohnsteuerkarte abgerechnet. Dabei gehen die Rentenbeiträge automatisch an die gesetzliche Rentenversicherung. Ist damit alles erledigt?
Hellmuth Nordwig:
Leider nicht. Denn die gesetzliche Altersversorgung kann nur einer von mehreren Bausteinen sein,wenn man nicht arm im Alter sein will. Ein Rechenbeispiel: Wer 45 Jahre lang so viel verdient hat wie die oder der Durchschnittsdeutsche, erhält derzeit beim Renteneintritt etwa 48 Prozent seines Einkommens. Wie viel man tatsächlich zu erwarten hat, sieht man aus den Hochrechnungen, die einem die Deutsche Rentenversicherung regelmäßig zuschickt. Oft ist das erschreckend wenig. Und dieser Betrag muss teilweise auch noch versteuert werden. Deshalb ist mindestens ein weiterer Baustein wesentlich – die betriebliche Altersversorgung. Beim BR ist die für die Freien so geregelt: Die oder der Mitarbeitende zahlt in der Regel vier Prozent seines Honorars, und das Schöne daran ist: Der BR muss noch einmal ebenso viel drauflegen. Das sollte niemand verschenken. Und wer es sich leisten kann, sollte als dritten Baustein noch eine private Rentenversicherung erwägen.
Also, am besten stellt man seine Altersvorsorge auf drei Säulen: gesetzlich, betrieblich und privat. Die sogenannten „Autor:innen Großprojekte“ sind aber zumeist über die KSK versichert. Wie funktioniert das dann mit der Rente?
Hellmuth Nordwig:
Die Künstlersozialkasse (KSK) versichert einen auch in der gesetzlichen Rentenversicherung. Es funktioniert also genauso, wie wenn der BR Beiträge abführt. Nur dass bei der KSK nicht der BR den Arbeitgeberanteil an die gesetzlicheVersicherung zahlt, sondern die KSK selbst. Die KSK ist also Teil der „ersten Säule“, der gesetzlichenRentenversicherung. Sie hat nichts mit einer betrieblichen Altersversorgung zu tun. Die kann auch jeder KSK-Versicherte zusätzlich abschließen, was dringend zu empfehlen ist. Es gibt aber einen Unterschied bei der Abführung der Beiträge zwischen KSK und BR: Die BR-Beiträge basieren auf den tatsächlich gezahlten Honoraren, die KSK-Beiträge dagegen auf einer eigenen Einkommensschätzung. Es soll Kolleginnen und Kollegen geben, die sich da immer wieder „verschätzen“ …
Die KSK-Versicherten könnten bei der Angabe ihrer Einkommenshöhe schwindeln? Welche Konsequenzen hat das?
Hellmuth Nordwig:
Ehrlich gesagt habe ich das in jungen Jahren selbst versucht – manchmal kommt es einem ja darauf an, dass möglichst viel Netto vom Brutto bleibt. Eines Tages gab es dann eine Einkommensprüfung (die kommt irgendwann ganz sicher) und mir wurde im Wiederholungsfall ein Bußgeld von 5.000 Euro angedroht. Seitdem bin ich da ganz, ganz ehrlich. Die KSK kann einen zwar nicht rauswerfen, denn sie ist ja eine Pflichtversicherung. Aber was ich damals nicht bedacht habe: Natürlich schneide ich mir auch ins eigene Bein, wenn ich weniger Einkommen schätze, als ich voraussichtlich verdiene. Wenig Beitrag scheint erst einmal attraktiv zu sein – heißt aber auch: wenig Rente. Und ich verschenke noch dazu den KSK-Anteil. Das sollte man also aus mehreren Gründen bleiben lassen.
Der BR gewährt also Zuschüsse zur betrieblichen Altersvorsorge bei der Pensionskasse Rundfunk (bis zum 31.12.2021 bestand für tagesaktuell Tätige die Wahlmöglichkeit zwischen Pensionskasse und Versorgungswerk der Presse.) Was ist der Unterschied zwischen den beiden Anbietern?
Hellmuth Nordwig:
Das sind zwei unterschiedliche Modelle. Die „Pensionskasse Rundfunk“ wurde 1971 von einer der Vorgängerinnen der Gewerkschaft ver.di und den Rundfunkanstalten der ARD gemeinsam speziell für die Gruppe der Freien Mitarbeitenden gegründet. Auch freie Produktionsfirmen sind dabei. Sie ist ein „Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit“, das heißt: Es wird kein Gewinn erwirtschaftet, die Beiträge kommen allein den Versicherten zugute. Kontrolliert wird das durch einen Aufsichtsrat, der paritätisch mit Vertretern der Versicherten und der Anstalten besetzt ist. Alle Beschlüsse, zum Beispiel über die Verwendung der Überschüsse, werden durch eine Mitgliederversammlung getroffen, die ebenfalls paritätisch besetzt ist – so wird ein Höchstmaß an Transparenz hergestellt.
Die „Presse-Versorgung“ bzw. das „Versorgungswerk der Presse“ ist älter, es wurde bereits 1949 gegründet. Es versichert nicht nur freie, sondern auch festangestellte Medienschaffende. Den Gesellschafterkreis bilden nach Angaben des Versorgungswerks Arbeitgeber wie der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV und VDZ) sowie die Gewerkschaften DJV und ver.di. Die Konsortialpartner sind große Versicherungsunternehmen, wobei die Allianz federführend ist. Dadurch, dass die Gesellschafter keine Dividende seitens des Versorgungswerks erwarten, können Überschüsse dem Deckungsstock zugeführt werden. So liegt laut Versorgungswerk die Überschussdeklaration für das Jahr 2020 in der Produktvariante „Perspektive“ bei 3,7 Prozent statt wie bei der Allianz bei 3,4 Prozent. Eine Deklaration bedeutet aber gerade in diesem Jahr nicht, dass die Überschüsse tatsächlich in dieser Höhe zur Verfügunggestellt werden können.
Wie funktioniert die Mitgliedschaft in der Pensionskasse?
Hellmuth Nordwig:
Die Aufnahme muss beantragt werden. Wenn ihr stattgegeben wird, ist man dabei – zukünftig gibt es dann vier Prozent weniger Honorar, dafür fließen diese vier Prozent und zusätzlich weitere vier Prozent vom BR in die Altersversorgung.
Hat das steuerliche Auswirkungen?
Hellmuth Nordwig:
Ja, denn auch der Arbeitgeberzuschuss ist dann Teil des Bruttolohns (bzw. bei den „Autor:innen Großprojekte“ des Gewinns) und muss versteuert werden. Ein Teil davon (derzeit 88 Prozent) kann bei den Sonderausgaben wieder abgezogen werden, genau wie es beim Arbeitgeberanteil der gesetzlichen Rente der Fall ist. Umgekehrt muss man später auch nur einen Teil der Rente versteuern
Bis zu welchem Alter kann ich einsteigen, gibt es da Grenzen?
Hellmuth Nordwig:
Die Grenze ist einfach das Erreichen des Rentenalters. Je früher man einsteigt, desto höher ist natürlich dieVersicherungsleistung.
Vielleicht bleibe ich nicht mein ganzes Berufsleben lang beim BR. Kann ich die angesparten Beiträgemitnehmen?
Hellmuth Nordwig:
Wer zu einem anderen Arbeitgeber wechselt oder auch, wer beim BR dauerhaft fest angestellt wird, wird bei der Pensionskasse normalerweise „außerordentliches“ Mitglied, entweder beitragsfrei oder man zahlt die Beiträge selbst. Die betriebliche Rente wird später entsprechend der bis dahin gezahlten Beiträge berechnet. Unter bestimmtenVoraussetzungen können die angesparten Mittel auch auf die Versorgungseinrichtung (z. B. Pensionskasse) eines anderen Arbeitgebers übertragen werden – hier sollte man sich aber vorher erkundigen. Bei der Presse-Versorgung kann auch ein branchenfremder Arbeitgeber die Versicherung fortführen und Beiträge bezahlen. Will er das nicht, kann man sie ebenfalls ruhen lassen.